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175 Jahre Turnverein Gernsbach 1849 e.V.

Vom Motto „Freiheit, Gleichheit, Brudersinn“ 1849 zum Mehrspartenverein mit turnerischer Prägung (Teil 1: Gründung bis 1950)

 von Jürgen Maisch

Der Turnverein Gernsbach feiert im Jahr 2024 sein 175-jähriges Bestehen. Er ist damit ein Kind der Badischen Revolution 1848/1849.

Die Anfänge

Die Idee, in Gernsbach einen Turnverein zu gründen, ging von demokratisch gesinnten Bürgern aus. Vorausgegangen war, dass diese Männer im Dezember 1848 an einer Protestveranstaltung auf dem Marktplatz in Gernsbach aus Anlass der Ermordung von Robert Blum teilgenommen hatten. Anschließend saß man, gemeinsam mit Turnern aus Baden-Baden, die 1847 ihren Turnverein gegründet hatten, zusammen. Hier wurden Pläne geschmiedet, einen eigenen Turnverein in Gernsbach zu gründen. In der Folgezeit wurden Unterschriften gesammelt.

Am 30. Januar 1849 wurde dann der „Gernsbacher Turnverein“ gegründet. 59 Gernsbacher Bürger erklärten per Unterschrift ihren Beitritt. Unter dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brudersinn“ wurde eine Satzung mit 25 Paragrafen verabschiedet. Mit dem Murgschiffer Casimir Griesbach wurde ein Vorfahre der Familie Fischer-Zach erster Vorstand des Vereines. Unter den 59 Personen, die die Statuten unterschrieben, sind Kaufleute, Gewerbetreibende, Handwerker, Schiffer, Gastwirte, Bäcker, Metzger, Bierbrauer und ein Tierarzt.

Am 14. Februar 1849 fand die erste Generalversammlung statt, am 18. Februar 1849 ein Turnerball im „Badischen Hof“, bei dem zum ersten Mal öffentlich Turnübungen vorgeführt werden. Doch das Vereinsleben wurde bald jäh unterbrochen, da viele Turner an der Badischen Revolution und am „Gefecht an der Murg“ beteiligt waren. Viele Turner ließen im Kampf ihr Leben, andere, wie der Vorstand Griesbach wurden hart bestraft.

1873 konnte sich der Turnverein neu formieren. Reallehrer Adolf May wurde 1. Vorsitzender, der Verein zählte 36 aktive und 16 passive Mitglieder. Da man keine Halle besaß, wurden Turnübungen im Sommer im Freien abgehalten. Provisorische Turnräume gab es in Nebenräumen örtlicher Gaststätten, 1874 wurde die Waldbachkelter (alte „Zehntweinkelter“), 1880 das Erdgeschoss des Kornhauses als Übungsstätte genutzt. Ab 1885 wurde der Bau einer Turnhalle durch den Vereinsvorsitzenden Prof. Dr. Schumacher vorangetrieben. Letztlich war der Turnverein aber nie Eigentümer einer eigenen Halle. Es wurden immer städtische Einrichtungen für den Übungsbetrieb genutzt.

Nach der Jahrhundertwende

1900 war der Turnverein Gernsbach im „Badischen Hof“ in Gernsbach eines der Gründungsmitglieder des neugegründeten Murgtal-Turngaues. 1901 richtete der TVG das 1. Gauturnfest des Murgtal-Turngaues mit Vereinswett-Turnen und Einzelwettkämpfen an den Geräten und im Volksturnen aus. 1905 wurde einer Männerriege gegründet. 1913 kam es dann zur Gründung einer „Damenriege“, der sich 28 Damen anschlossen.

Nach dem 1. Weltkrieg ab 1918 kamen zum Gerätturnen dann Volksturnen (=Leichtathletik), Schüler-, Jugend-, Mädchen- und Spielabteilungen dazu. So wurde 1919 eine Fußball-Abteilung gegründet, so dass 1921 bereits 391 Mitglieder gezählt werden konnten.

Im Jahr 1924 wurde mit großem Aufwand das 75. Gründungsfest vom 5.-7. Juli gefeiert. Vereinsturnen, Gerätewettkämpfe und leichtathletische Wettkämpfe wurden auf dem Sportplatz an der heutigen B462 (bei der Tunnelausfahrt) durchgeführt.

1929 wurde das 80. Stiftungsfest in Verbindung mit der 3. Fahnenweihe und dem Gauturnfest des Murgtal-Turngaues begangen.

Die Zeit ab 1933 mit der Bildung des „Reichsbundes für Leibesübung“ schränkte die Selbständigkeit der Turn- und Sportvereine ganz erheblich ein. Dennoch wurde weiterhin geturnt. 52 Gernsbacher Turnerinnen und Turner beteiligten sich am Deutschen Turnfest in Stuttgart. 1936 erreichten die TVG-Leichtathleten bei den Deutschen Vereinsmeisterschaften einen hervorragenden 6. Platz. 1938 erfolgte die Teilnahme am „Deutschen Turn- und Sportfest“ in Breslau.

In der NS-Zeit verlor der Turnverein seine Selbständigkeit. Zentralität im „Reichsbund für Leibesübung“ wurde verfügt, die Gründung einer „Wehrabteilung“ zeigte den Geist dieser Zeit: Ertüchtigung für den Kampf, so die Devise. Diese politische Vereinnahmung führt 1945 nach Kriegsende zur Auflösung der Turnvereine durch die französische Besatzungsmacht.

Die Besatzungsmacht erlaubt 1946 die Gründung von sogenannten Allsport-Vereinen. In der Sportvereinigung (Sp.Vgg.) Gernsbach hatten sich bereits Fußball und Hockey zusammengeschlossen. Dieser Sportvereinigung schlossen sich auch die Turner/innen an. Das 100-jährige Gründungsjubiläum im Jahr 1949 wurde von der Turn-Abteilung in der Sp.Vgg. Gernsbach unter dem Motto „100 Jahre Turnen in Gernsbach“ eher im Stillen begangen.

Wiedergründung 1950

Als selbständige Turnvereine ab 1949 wieder erlaubt wurden, kam es am 8. März 1950 zur 2. Wiedergründung des Turnvereins 1849 Gernsbach e.V., wie sich der Verein nun nannte. Im Gasthaus „Adler“ fand die Gründungsversammlung statt. 47 Personen, darunter viele Frauen, waren anwesend. Erster Nachkriegsvorsitzender wurde Wilhelm Jerger, der dem TVG bis 1964 vorstand.

Mit der Wiedergründung beginnt auch das Vereinsleben wieder zu pulsieren.

Hierüber berichten wir im 2. Teil unseres Rückblicks, der demnächst hier erscheint.

Jubiläumslogo

Aufnahme Turner-Gruppe von 1901 anlässlich des Gauturnfestes in Gernsbach. Das älteste TVG-Foto

Quelle: TVG-Archiv, Repro: Josef Kern

Turner-Riege 1912

Quelle: TVG-Archiv, Repro: Josef Kern

Vereinsmitglieder 1913 – auf dem Turnplatz (heute Hockeyplatz)

Quelle: TVG-Archiv, Repro: Josef Kern

Turnvereinsmitglieder 1914 – auf dem Sportplatz (heute Nähe B462 beim Tunnelausgang)

Quelle: TVG-Archiv, Repro: Josef Kern

Urkunde anlässlich 75-jährigen Jubiläum

Quelle: Vera Leunig, Repro: Josef Kern

TVG-Fahne, geweiht 1929

Foto: Josef Kern

Urkunde von 1936 – 6. Platz bei den Deutschen Leichtathletik-Vereinsmeisterschaften 1936

Quelle: TVG-Archiv, Repro: Josef Kern

Turner/innen beim Deutschen Turn- und Sportfest 1938 in Breslau

Quelle: Archiv Birgit Basedow